Freitag, 09.03.2018 – Redrocks & Bryce Canyon Nationalpark

 

Recht früh am Morgen brechen wir zum Bryce Canyon Nationalpark auf, wir sind gespannt, was wir erleben werden. Davor kommen wir aber an wunderschönen Redrocks vorbei, die wohl einzigartig in der Welt sind. Die roten Felsen sind beeindruckend, wunderschön! Wir wandern ein bisschen umher, wollen sogar einem Weg folgen, der sich aber immer wieder ins Nichts auflöst. Wir sind irgendwie genervt davon und auch einfach groggy. Deshalb beschließen wir, endlich zum Nationalpark zu fahren. Hoffentlich haben wir auch hier wieder Glück und unser nicht vorhandener Nationalparkpass wird anerkannt…

Doch leider haben wir dieses Mal kein Glück, der Mann am Schalter lässt uns mit unserer Rechnung nicht rein. Wir müssen uns entscheiden: Kaufen wir für 30 Dollar einen Wochenpass oder lassen wir es? Schade, dass es keine Tagespässe für 10 Dollar gibt. Da wir schon auf Fotos gesehen haben, wie einzigartig der Nationalpark aussieht, kaufen wir schließlich ein Ticket. Es nervt uns! Zunächst suchen wir das Visitor Center auf und lassen uns beraten, welchen Trail wir laufen sollen. Der Mann fragt uns, wie lange wir in etwa wandern wollen. Wir antworten, so 10 bis 12 Kilometer. Er empfiehlt uns einen Pfad, der aus mehreren kleinen besteht und ein Hit sein soll. Gut. So ziehen wir uns im Zwiebelprinzip an, müssen aber schnell feststellen, dass es total warm ist. Irgendwie hatten wir damit nicht gerechnet, vor allem, weil überall noch Schnee liegt. Keine Sonnenbrille, kein Cappy, aber ne dicke Jacke! Oh man, wir Anfänger! Trotzdem spazieren wir munter drauf los und sind auch ganz angetan von den ganzen sogenannten Hoodoos, so heißen diese merkwürdigen Gesteinsauswüchse. XXX Sie sind sehr unterschiedlich, mal spitz, dann sehen sie aus wie kleine Türme eines Märchenschlosses, dann wieder wie eine Faust oder eine Hand, dann wie Fenster – sehr cool. Allerdings ist der Pfad doch sehr, sehr lang und wir dank Burger und nicht so viel Hiking richtig außer Form! Außerdem haben wir beide einen Durchhänger, wir sind richtig erschöpft. Das nicht so entspannte Schlafen im Auto trägt sicherlich dazu bei. Der Trail ist schon echt schön, aber wir können besser hiken, wenn wir ein großes, schönes Ziel haben, einen See oder eine Aussicht. Hier ist alles schön, jede Kulisse ist ein Fotomotiv. Man soll 4 bis 5 Stunden für den Weg brauchen, wir brauchen 4 mit Pausen, langsamem Gehen und ein bisschen Schleppen 😉 Nun ist es sogar noch recht früh, wir fahren noch ein paar Aussichtspunkte an, genießen den Blick von oben auf das Hügelfeld und diskutieren im Anschluss: Sollen wir morgen, wie eigentlich geplant, den Zion National Park machen oder einfach in Ruhe nach Salt Lake cruisen?

Wir überlegen hin und her, kommen aber zu der Entscheidung, Zion auszulassen. Vielleicht müssten wir nochmal bezahlen, das wäre doof. Und wir waren heute schon so groggy, das würde morgen nicht besser werden und nur halb motiviert durch wunderschöne Natur wandern, ist doch auch doof. Es ist beschlossen und wir cruisen in Richtung Salt Lake. An einem Rastplatz mit hübscher Aussicht nehmen wir den Sonnenuntergang mit, dann suchen wir uns eine Stadt, in der wir schlafen können. Das ist dieses Mal gar nicht so einfach, denn die Städte, durch die wir fahren, sind winzig klein und Agnes braucht noch eine Toilette, bevor die Nacht beginnen kann. So fahren wir in ein Dorf, das tatsächlich wie ein richtiges Assidorf wirkt. Es riecht nach Piesche, wir fahren aus Versehen direkt in eine Trailerpark-Siedlung, es hängen merkwürdige Gestalten rum und wir wissen nicht, was wir machen sollen. Schließlich finden wir einen Parkplatz an einer Kirche, der allerdings genau an einer Straße ist. Irgendwie fühlen wir uns hier wie auf dem Präsentierteller, so dass wir noch nach einem anderen Stopp suchen. Und glücklicherweise auch fündig werden, auch eine Toilette an einer Tankstelle gibt es noch für uns. Nun parken wir wieder an einer Kirche, die aber einen eigenen Parkplatz hat und etwas geschützt in einem Wohnviertel liegt. Nach Pipi riecht es trotzdem, aber wir machen schnell die Autotüren zu und kriechen in den Schlafsack. Ob es kalt wird? Wahrscheinlich.             


Samstag, 10.03.2018 – Salt Flats & Salt Lake

 

Die Nacht verläuft ruhig, nur kalt ist es wieder geworden. Man verschätzt sich doch ganz gehörig, denn nur weil es tagsüber und auch in den Abend hinein recht bis ok warm ist, gilt das bei Weitem nicht für die Nachtstunden. Naja, es ging. Nur unsere Rücken meckern beide ein bisschen. Heute wollen wir ordentlich Strecke machen, weil es bis San Fran noch gute neun Stunden sind. Doch zunächst genießen wir ein Frühstück mit kleinen Kartoffeltalern, einem Croissant und einem Keks bei Burger King. Ja – wir fragen uns auch, wie unser Körpersystem das mitmacht! Vermutlich bekommen uns deutsches Brot und Gemüse nun nicht mehr :D

Wir fahren also eine schöne Strecke durch die Prairie, die aber im Gegensatz zu Kanada rechts und links von Bergen gesäumt wird. Das Wetter ist wieder prima und wir sind gespannt, was uns heute erwarten wird. In Salt Lake finden wir unweit des Tempelgeländes, das wir auf Google gefunden haben, einen Parkplatz. Was uns dort erwarten wird, wissen wir nicht. Wir haben gerade auch anderes im Kopf, denn wir beide müssen total doll Pipi. Also stürmen wir in Richtung Tempel und sehen auf der rechten Seite ein riesiges Konferenzzentrum, an dessen Außenwand irgendwas mit Kirche und Jesus steht. Wir wundern uns zwar, dass die Christen – Agnes denkt noch an Protestanten – so ein riesiges Gebäude haben, aber wo die Toilette steht, ist ja egal. Im Innenraum werden wir gleich begrüßt und gefragt, ob wir eine Tour mitmachen wollen. „Yes, sure, why not?“ sagt Daniel, weil er denkt, dass wir sonst nicht auf Toilette können. Er denkt noch, dass die Tour was kostet und wir uns wieder rausmanövrieren können. Als wir uns wieder im Innenraum treffen, laufen ganz viele Helfer im Raum herum. Irgendwie sind wir beide etwas orientierungslos, finden die Idee einer Tour aber gar nicht so schlecht. Man kann ja nur lernen und warum die Christen hier ein Hauptquartier haben, ist ja auch interessant. Wir werden also mit einer kleinen Gruppe – wir, eine junge Frau aus Mexiko und einem Vater mit seiner Tochter, die vor kurzem von Kalifornien nach Utah gezogen sind – von einer älteren Frau durch das Konferenzzentrum geführt. Wir schnallen es immer noch nicht – wo sind wir hier?! Wir sehen Bilder von Jesus, in denen dieser den Mona-Lisa-Trick macht und einen mit den Augen verfolgt, wir gehen zu einem Brunnen, der irgendeine Bedeutung hat und auch in das Auditorium, das 21.000 Menschen fasst. Es ist das größte der Welt. Die Führerin berichtet, dass zweimal im Jahr eine große Konferenz stattfindet, die in 56 Länder und Sprachen übertragen wird. Hmm. Krass. Also ja, irgendwann dämmert es uns und Daniel fragt nach: „Sind wir hier bei den Mormonen?“ Offenbar. Wir wissen überhaupt nichts über die Mormonen, das heißt, Daniel weiß etwas, weil er mal eine South Park-Folge darüber gesehen hat. Agnes weiß nur das von der Polygamie (aus den Gilmore Girls…) Aber gut, mit der Religion (?) kommt man in Deutschland ja auch nicht unbedingt in Berührung. Die junge Frau ist interessiert, die beiden anderen sind Mormonen. In Utah sind über 60% der Einwohner Bewohner, man nennt den Staat auch den Beehive-Staat, Bienenkorb-Staat: Jeder hat seine Rolle im Gefüge. Wir lernen viel: Ende 1800 hat ein gewisser Joseph Smith in Amerika viel gebetet und Gott gebeten, ihm die wahre Religion zu offenbaren. Ist es der Protestantismus oder der Katholizismus? Gott und Jesus erschienen ihm und erleuchteten ihn: Smith solle doch seine eigene Religion gründen, ein eigenes Testament ins Lebens rufen, jedoch das Alte und Neue anerkennen. Und wie sollte er das tun? Nun, er sollte es gar nicht neu schreiben, sondern dem Weg eines Engels folgen, um Goldplatten der ersten Bewohner Amerikas zu finden. Diese Goldplatten in vielen alten Sprachen fand er schließlich, durfte sie aber niemand anderem zeigen. Er benutzte eine Hut, um die Platten in diesem zu verstecken und beauftragte einen Schreiberling, sein Wort niederzuschreiben. Und so entstand das Buch Mormon, weil die Platten vom Engel Mormoni versteckt worden waren. Was man von der Geschichte hält, ist jedem selbst überlassen. Wir fanden sie sehr ungewöhnlich. Ach ja, die Mormonen glauben daran, dass Jesus nach seiner Wiedergeburt in Amerika war und gepredigt hat und damals, noch vor der offiziellen Entdeckung durch Kolumbus, Jünger aus Jerusalem nach Amerika geflüchtet sind, um dort ihre Religion auszuleben.

Auf jeden Fall wechselt die Führung nach einiger Zeit und eine junge Frau übernimmt. Sie zeigt uns den aktuellen Propheten (also den Stellvertreter von Gott) sowie die 12 aktuellen Apostel, alles Männer. Es ist alles sehr verwirrend. Außerdem berichtet sie, dass sie die alte Bibel gemäß der Übersetzung von King Arthur gebrauchen, weil alle anderen Unwahrheiten oder sprachliche Patzer beinhalten.

Wir gehen auf die Dachterrasse des Gebäudes und haben einen richtig schönen Blick auf das Tempelgelände. Nach der Führung lassen wir uns noch einige Dinge erklären, bevor wir uns dann ins ganze Tempelviertel der LDS – Church of Jesus Christ of the Letter Day Saints – aufmachen. Der Mormonenchor hat ein tolles Gebäude, es gibt ein eigenes Besucherzentrum – zwei sogar, an der Nord- und Südecke je eines – den Tempel, in den aber nur Mormonen dürfen, ein Familienzentrum und noch einiges mehr. Im Familienzentrum kann man seine Vorfahren suchen lassen. Der Grund ist, dass die Mormonen daran glauben, dass man Verstorbene im Nachleben segnen kann und ihnen freistellen kann, ob sie noch Mormonen werden. Endlich erfahren wir auch, wie sich diese Kirche solch eine Pracht leisten kann: Jeder Kirchenzugehörige zahlt den 10. seines Gehalts an die Kirche. Das ist viel! Wir wissen nun auch, dass Kinder sich mit 8 Jahren entscheiden können, ob sie als Mormone getauft werden wollen. Wir hören, dass die Familie im Mittelpunkt steht und dass man sich in seiner Freizeit extrem viel ehrenamtlich engagiert. Will man Pfarrer sein, muss man das nicht studieren, sondern man wird als geeignet erklärt und erledigt das Amt dann neben seinem Job. Das ist krass. Aber die Gläubigen, unter ihnen sehr viele junge Frauen, berichten natürlich extrem positiv davon und freuen sich über unser Interesse. Wir bekommen sogar das Book of Mormon mit der Bitte, dort nach Antworten zu suchen und sie bitte auch zu finden.

Ja. Nach ein paar Stunden sind wir irgendwie geflasht, aber auch total groggy davon. Und natürlich wird das viele Schattenseiten haben, der 10. jeden Monat ist eine davon.  Natürlich googeln wir viel: Die Frauen sind nicht gleichberechtigt, wie man es uns gesagt hatte. Die Frauen kümmern sich nach der Hochzeit hauptsächlich um die Familie und den Haushalt. Ledige gelten weniger, sie können nicht gottgleich werden im Nachleben, sondern nur Engel. Das Ehrenamt ersetzt nach und nach (denken wir) das eigentliche soziale Leben, es nimmt extrem viel Zeit ein, so dass für Hobbies keine Zeit mehr ist. Da man sich um seine Angehörigen sorgt, wird man versuchen, auch diese zum Mormonentum zu bewegen. Und dass die Familie so im Mittelpunkt steht, ist einerseits schön, aber wenn man sich schlechtfühlen muss, wenn man sich scheiden lassen will, ist das nicht erstrebenswert. Außerdem sind die Mormonen gegen Alkohol, Kaffee und Suchtmittel. Alkohol – würde gehen. Suchtmittel – läuft. Aber nicht Kaffee. Nicht nach diesem Jahr! Wir brauchen unseren Kaffee am Morgen, wir lieben unseren Kaffee am Morgen! Also – wir konvertieren nicht!

Irgendwie müssen wir immer wieder darüber lachen, dass wir tatsächlich im Hauptquartier der Mormonen gelandet sind und das einfach ewig das nicht kapiert haben! Wir wieder! Auf diese ganze Aufregung kaufen wir uns einen richtig tollen Birthday Cake Cheesecake für 9 Dollar bei der Cheesecake Factory! Er wird im Auto genascht und ist köstlich! Wir schauen uns noch ein wenig Salt Lake an, gehen in die Touriinfo, aber die Dame hat offenbar eine sehr anstrengende, sehr fordernde Person am Telefon und guckt immer ganz entschuldigend. Ist aber auch ok, wir müssen mal weiter.

Unsere nächste und letzte Station ist ein Salzsee, die Salt Flats, auf dem immer wieder Geschwindigkeitsrekorde aufgestellt werden. Die Autos haben so Raketenantrieb und sind superschnell. Da wir Hunger haben, schauen wir zum ersten Mal bei Carl’s Jr. rein, auch eine Fastfoodkette. Für 5 Dollar bekommen wir Pommes (richtig gut), einen Burger (solide), Zwiebelringe (ok), einen Keks (gut) und was zu trinken. Das ist ein prima Angebot. Dann suchen wir uns in einem Wohngebiet einen Schlafplatz und schlafen gut, auch wenn wir direkt an einer Straße parken und es nachts recht warm wird. 


 Sonntag, 11.03.2018 – Sacramento

 

Die Nacht haben wir gut überstanden und da wir gestern schon den Mc Donald’s entdeckt hatten, gönnen wir uns dort erstmal einen Kaffee. Heute stehen Reno und Sacramento auf dem Programm, doch Reno verfehlen wir, weil wir es nicht ins Navi eingeben :D Es gibt nämlich immer keine Ortsschilder sondern nur Ankündigungen, dass der nächste Ort dieser und jener ist. Naja, Agnes wollte nur hin, weil der Protagonist aus der Serie OC California aus Reno kommt, ansonsten sind da eigentlich nur Casinos. So fahren wir nach einem kurzen Stopp bei Starbucks (Offline-Karten laden) nach Sacramento weiter, es ist die einzige Stadt, die wir heute mitnehmen werden. Über Sacramento wissen wir beide nichts, aber wir haben uns bei Google Maps ein paar interessante Ziele rausgesucht. Die Altstadt soll cool sein. Vor der Parkplatzsuche graut uns ein wenig, doch dann stellt sich schnell heraus, dass es kurz vor der Innenstadt viele Straßen gibt, in denen man umsonst parken kann. Die erste Straße lassen wir noch aus, dort lungern extrem viele Jugendliche und Obdachlose herum und wir haben ja gut sichtbar unseren ganzen Kram im Auto. Ein wenig weiter sehen wir auch andere vernünftiger Autos und stellen unseres mit besserem Gefühl dazu. Dann marschieren wir Richtung Downtown und stoßen zuerst auf die Kathedrale, in der gerade ein Gottesdienst stattfindet. Die Kirche ist gerammelt voll – alles Latinos und Latinas! Toll, das ist mal Engagement! Wir lauschen den Worten ein wenig, aber verstehen natürlich nichts. Auch am Kapitol kommen wir vorbei, vor dem jemand für „Freiheit für Juanita“ demonstriert. Es ist herrliches Wetter, Sonnenschein und blauer Himmel! Die Innenstadt ist ziemlich ausgestorben, wo sind denn wohl alle? Wir bewegen uns nun in Richtung Altstadt, davor ist auch die schöne Tower Bridge, die über den Sacramento River fließt. Und dann entdecken wir sie alle: Die Bewohner und Touristen der Stadt sind in der Altstadt. Die wirkt wirklich sehr historisch und erinnert an diese typischen Westernstädte mit Holz-Fußgängerwegen aus US-Serien. Überall finden wir total schöne Geschäfte: mit Süßigkeiten, Schreibwaren, Tourikram und sonstigen Spielereien. Wir schauen mal in einen Süßigkeitenladen rein, weil ein Ausrufer vor der Tür verkündet: „Free samples!“ Und kostenlose Probiermöglichkeiten mag jeder. Der Laden serviert fast alle Bonbons in großen Holzfässern und scheint für irgendein Toffee-Bonbon bekannt zu sein. Im Laden sehen wir mindestens 30 Sorten dieses Bonbons und fangen an, zu naschen. Blaubeermuffin, Zitronen-Meringue-Kuchen, Möhrenkuchen, Schokolade, Salziges Karamel – es gibt alles! Wir kaufen dann auch jeder drei Bonbons für insgesamt 90 Cent. Nun haben wir nur noch einen Garten auf der Liste, in dem einige schöne Pflanzen wachsen und ganz viele Orangenbäume. Aber man soll die nicht pflücken und es liegt auch keine auf dem Boden. Da der Tag noch jung ist, beschließen wir, zum Musikzentrum „Ace of Spades“ zu gehen, dort wurde Motörhead zum gleichnamigen Musiktitel inspiriert. Dort sind wir dann auch endlich im In-Viertel gelandet. Viele Kneipen, Klamottenläden und ein toller Zufall, der uns erwartet: Wir haben beide Hunger und Daniel fragt, ob es wohl diesen tollen Pizzaladen „Pieology“, den wir in Portland entdeckt hatten, geben würde. Agnes googelt und tatsächlich – in 600 Metern geradeaus soll er sein. Na – das ist doch Bestimmung. Wir gönnen uns also beide eine selbstzusammengestellte Pizza mit dünnem Boden, die herrlich schmeckt. Hoffentlich setzt sich der oder ein ähnlicher Laden in Deutschland durch – oder ist das in unserem Abwesenheitsjahr etwa schon passiert?! Bei Pieology schauen wir auch nach einer Übernachtungsmöglichkeit und finden einen Rastplatz mit 24-stündiger Überwachung. In den Kommentaren steht, dass man mit einem PKW über Nacht dortbleiben darf, so dass wir den Rastplatz anpeilen. Er ist 15 Minuten vom Flughafen entfernt, also richtig praktisch.

Als wir ankommen, sind wir überrascht – die anderen sind auch schon da. Also wirklich richtig viele Menschen, wir finden fast keinen Parkplatz mehr. Das sind sicherlich Berufspendler, die außerhalb wohnen. Puh, was für ein Leben. Wir stellen beide fest, dass es uns nun mit dem Miniauto auch reicht und sind froh, ein Zuhause in Deutschland zu haben! Es wirkt ziemlich warm, hoffentlich bleibt es so! 

Montag, 12.03.2018 – Auf dem Weg nach San Francisco

 

Die Nacht auf dem 24 Stunden überwachten Parkplatz inmitten der ganzen anderen Autos war prima und warm. Richtig muckelig! Wir haben den Wecker auf 7 Uhr gestellt, um uns ganz in Ruhe fertigmachen und packen zu können. Das erledigen wir auch, danach düsen wir zu einem Thrift Store, weil wir ja unsere Decken und Kissen loswerden müssen. Es dauert noch ein bisschen, bis wir das erledigt haben, weil wir tatsächlich vor der Zeit sind. Wir waren ganz schön fix! Nachdem wir alles abgegeben haben, fahren wir zur Tankstelle und dann zum Flughafen, wo wir das Auto abgeben. Wir gestehen, dass es einen Steinschlag gab, der ein kleines Loch in die Windschutzscheibe geschlagen hat und dass wir gestern die San Mateo Brücke nicht bezahlen konnten und so ein Strafzettel angeflattert kommen wird. Das ist den Leuten, die unser Auto checken und registrieren, herzlich egal! Nachdem wir unser Mobil also abgegeben haben, müssen wir nun einen Weg aus dem Gebäude und zur Straßenbahn finden. Das dauert etwas, weil der Fahrstuhl im Dauereinsatz ist, schließlich finden wir aber den Skytrain, der uns erstmal in den Airport direkt bringt. Nun müssen wir ein Ticket kaufen, um zu unserem Hotel im Mission District zu gelangen. Das Merkwürdige ist, dass man sich den Ticketpreis anhand einer Liste suchen und dann addieren muss – je nachdem, wie viele Tickets man haben will. Es ist nicht wie bei der DB, bei der man einfach das Fahrtziel angibt und dann ein Ticket zieht, sondern man kauft sich einen gewissen Betrag und fährt dann zu seinem Ziel. Das Gute ist, dass unser Hotel direkt an einer Station dieser Linie liegt. Die Fahrt dauert gut 20 Minuten, dann sind wir da. Und erstmal etwas erstaunt – da sind unendlich viele Obdachlose um uns herum. Friedlich, sie fragen uns auch, nach was wir suchen würden. Aber erstmal gewöhnungsbedürftig. Unser Hotel entdecken wir trotzdem zunächst nicht, da der Eingang winzig klein und hinter einem Gittertor versteckt ist. Die Bewertungen für das Union Hotel waren nicht gut, aber als wir drei Stunden später eingecheckt haben, verstehen wir die miesen Bewertungen nicht. Man hat ein Zimmer, in dem es ein großes Bett, einen Fernseher und ein Waschbecken gibt, nur Toilette und Dusche teilt man mit anderen. Alles ist sauber, das Internet hervorragend. Was will man mehr?!  Da es erst gegen 12 Uhr ist, sogar früher, müssen wir aber auf unser Zimmer warten. Der Hotelmitarbeiter händigt uns einen Stadtplan aus, markiert viele Sehenswürdigkeiten und empfiehlt uns, noch heute zu den Twin Peaks, einem Aussichtspunkt, auf dem man eine schöne Sicht auf Downtown hat, zu gehen – aber bitte nicht zu Fuß, das sei zu lang und ein Gast habe sich dabei einst die Haxen gebrochen. Äh ja. Wir laufen trotzdem 😊 Noch heute, da sich das Wetter in den nächsten Tagen ändern soll – es wird regnerisch. So stapfen wir los, zum ersten Mal durch San Fran. Die Reviews für das Hotel hatten darauf hingedeutet, dass das mit der Obdachlosigkeit in unserem Viertel doch extrem sei – das stimmt auch. Man muss keine Angst haben, sagte der Rezeptionist, aber nach Tenderloin, einem Viertel bei Downtown, solle man abends nicht mehr gehen. Ok. Da werden wir uns dran halten. Gemütlich laufen wir durch ein LGBT-freundliches Viertel, erklimmen die steilen Straßen San Franciscos, bekommen von zwei Ladies die Empfehlung, nicht nur auf die Twin Peaks, sondern auch auf einen anderen Berg zu gehen und erreichen schließlich unser Ziel. Die Aussicht auf die Stadt ist tatsächlich sehr schön, auch, wenn es etwas zuzieht. Die Golden Gate Bridge liegt schon leicht im Nebel. Zurück spazieren wir durch einen schönen Park, suchen dann noch einen Supermarkt und statten uns ein wenig mit TK-Nahrung und Chips aus. Den Abend genießen wir dann im Zimmerchen mit Nudeln und Nixtun 😊


Dienstag, 13.03.2018 – San Francisco

 

Heute kommen wir nicht so früh aus dem Bett, am frühen Mittag schaffen wir es, uns aus dem Hotelzimmer zu bewegen. Immerhin. Wir machen uns auf in die City, nach Downtown, dort soll es einiges zu sehen geben. Auf dem Weg „stolpern“ wir über extrem viele Obdachlose, wirklich, einer nach dem nächsten. Überdurchschnittlich viele Schwarze sind unter ihnen. Einige leben in Zelten, viele einfach so auf der Straße. Später werden wir uns mehrere Reportagen über das Problem, das uns bisher unbekannt war, ansehen. Es gibt in San Fran circa 8.000 Obdachlose, die Zahlen steigen. Bewohner klagen über ihre Aggressivität, die Kundschaft in den Geschäften bleibt aus, weil sie auch in Downtown auf den Straßen sind, außerdem wird ganz offensichtlich mit Drogen hantiert und Spritzen liegen herum. Die Polizeipräsenz ist enorm, an jeder Ecke stehen zwei Polizeibeamte und vor vielen Geschäften stehen Securities. Die Politiker sagen, dass sie machtlos seien, weil sich so viele (ca. 70) private Organisationen um diese Gruppe Menschen kümmern und es keine Möglichkeit gibt, zu wissen, wo welcher Obdachlose gerade ist. Wenn sie sich freiwillig aus einer Organisation wieder auf die Straße bewegen, dann in Streitereien verwickelt sind und ins Krankenhaus oder Gefängnis kommen, gibt es keine übergeordnete Institution, zu der diese Daten gehen. Und es gibt wenig Repressalien, wenn nicht Gewalt im Spiel ist. Wenn sich jemand einen Schuss vor einem Geschäft setzt, kann die Polizei nichts machen. Wir sehen aber auch Reportagen von der anderen Seite, ein 50-jähriger Texaner, der durch einen Schuss in den Kopf arbeitslos wurde und nun seit vier Jahren auf der Straße von Orange County lebt, berichtet, wie eines Tages sein Zelt mit allen Habseligkeiten einfach eingesackt und in einen Container von der Stadt gesteckt worden ist. Auch seine Medikamente wurden weggesperrt, so dass er um sein Leben fürchtete. Es ist also sehr schwierig, da Grund reinzubekommen. Wir fühlen uns aber nicht unsicher, es ist nur ein extrem ungewohntes Bild, das sich zeigt. Und ein interessanter Anlass, sich mal mit den heimischen Zahlen zu befassen. Denn man staunt immer über das Ausland: So viel von diesem und jenem, aber wie es in Deutschland aussieht, weiß man gar nicht. Fakt ist tatsächlich, dass dieses Jahr von Zahlen bis zu 1,2 Millionen Wohnungslosen ausgegangen wird. Soviel dazu.

In Downtown stolpern wir über das Cable Car, eine historische Straßenbahn, die sogar ein Nationaldenkmal der Vereinigten Staaten ist. Wir beschließen, damit zu fahren, weil es so einmalig ist. Wir erstehen also Tickets und stellen uns in die Schlange, dann fahren wir mit dem kleinen Straßenbahnwagen zur Fisherman’s Wharf an den Hafen (wobei wir im Nachhinein nicht verstanden haben, warum wir nicht zuerst unseren Downtown-Rundgang beendet haben :D). Der Wagen quietscht ganz schön und ruckelt, aber die Fahre ist ganz nett. Es gibt echt krasse Hügel in San Fran, herrje, die müssen wir auf dem Rückweg zu Fuß meistern!

Zunächst spazieren wir nach Ankunft ins Ghiradelli-Viertel, ohne wirklich zu wissen, was sich dahinter verbirgt. Schnell werden wir von einem freundlichen Security-Mitarbeiter aufgeklärt: Ghiradelli, ein Italiener, ist Ende 1800 wegen des Goldrushs nach San Fran gekommen, wurde aber nicht fündig und hat sich dann darauf spezialisiert, Geschäfte für die Suchenden zu eröffnen (Zeltbedarf etc.) Nachdem die Lokalität abbrannte, eröffnete er ein Café und stieg wenig später auch ins Schokoladengeschäft ein. So hat er ein Vermögen gemacht. Die Firma besteht auch heute noch und es gibt Schokolade zum Verkosten (was ja immer gut ist!). Anschließend spazieren wir auf einen Pier, von dem man ganz hervorragend Alcatraz sehen kann. Das Gefängnis werden wir bei unserem Besuch nicht mitnehmen, weil die Touren bis zu vier Tage im Voraus gebucht werden müssen, bis zum 17.03. ist alles ausgebucht. Ist aber ok. Gemütlich laufen wir die Hafenstraße auf und ab, stolpern für zwei Cheeseburger noch bei Mc Donald’s rein, sehen Seelöwen und wollen dann zur Lombardi-Straße, einer gewundenen Straße, von der aus man einen schönen Ausblick auf die City hat. Die Straße ist ein extrem beliebtes Touristenziel, wir machen Fotos und wandern weiter nach Chinatown. Wir haben zwar schon x Chinatowns in letzter Zeit gesehen, aber man weiß ja nie – vielleicht ist diese besonders schön. Tatsächlich ist sie es, die schönste, die wir kennen! Überall stehen richtig nette Häuser mit diesen geschwungenen Formen, rote Lampions hängen über den Straßen, die Geschäfte sind viel weniger ramschig als sonst. Nun verschlägt es uns noch in eine Freimaurer-Loge, in der gerade eine Berufsmesse ist. Anschließend spazieren wir zum Hafen, ruhen uns ein bisschen aus und da es schon 18 Uhr ist, finden wir, dass es nun reicht. Auf ins Hotel! Übrigens ist es noch hell, um 18 Uhr! Total stark. Auf dem Heimweg leisten wir uns ein Stück Pizzi und einen Naked-Smoothie, im Hotel muckeln wir uns hin und genießen das gut funktionierende Internet! 


Mittwoch, 14.03.2018 – San Francisco

 

Um 8.45 Uhr klingelt der Wecker, aber es ist dem Umstand geschuldet, dass wir doch etwas länger kein festes Zimmer hatten, dass wir noch etwas liegenbleiben. Zum Frühstück gibt es Brot von anno dazumal, das aber noch gut und ok lecker ist. Heute wollen wir uns die Golden Gate Bridge, den Golden Gate Park und noch zwei Stadtviertel angucken. Wir begutachten das Wetterradar: Gegen 15 Uhr soll es besser werden. So beschließen wir, zuerst zum Laundromaten zu gehen, bevor wir unsere Sightseeing-Tour beginnen. Kaum, dass wir beschließen, uns nun endlich auf den Weg zu machen, fängt es an, zu regnen. Dabei hat San Francisco nur gut 70 Regentage im Vergleich zu Hamburg mit 190 – es kommt uns gerade anders vor!

Das Waschen ist ganz schön teuer, aber es ist wirklich notwendig. Da die Wäsche 30 Minuten dauern soll, geht Daniel in der Zeit zum Friseur, Agnes begleitet ihn und schreibt ein bisschen Reisetagebuch. Danach werfen wir die Wäsche in den Trockner, der uns in Deutschland fehlen wird und als alles sauber ist, haben wir Hunger. Wir bringen also die Klamotten ins Hotel und machen uns dann auf zum Philippiner um die Ecke. Der sieht interessant aus und hat gute Bewertungen auf Google. Man stellt sich sein Gericht dort selbst zusammen, es ist wie beim Chinesen. Zwei verschiedene Dinge kann man wählen, dazu wird Reis gereicht. Die Verkäuferin muss uns alles erklären, wir entscheiden uns schließlich für eine Art Gulasch, ein Curry, Gemüse und Hähnchen (auf zwei Tellern). Dazu essen wir Lumpia, philippinische Frühlingsrolle. Unsere Gerichte sind vorzüglich. Qualitativ hochwertig, wir sind total begeistert. Deshalb nehmen wir uns auch noch Nachtisch mit, lila Pudding mit Tapioca-Perlen und braunen Reispudding (das schmeckt beides merkwürdig, aber nicht schlecht). In dem Laden fängt jemand plötzlich an, unsere Verkäuferin zu bepöbeln. Es stellt sich heraus, dass es ihr drogenabhängiger Sohn ist, der Geld von ihr will. Aber sie gibt ihm keins. Dann stellt sie sich zu uns an den Tisch, entschuldigt sich und erzählt uns von den ganzen Drogentoten in der Gegend, fast täglich würde einer hinter ihrem Gebäude sterben. In Europa sei das nicht das Hauptproblem, hat sie gehört, da seien es eher die Taschendiebstähle. Wir bekommen eine gehörige Portion San Fran-Geschichte mitgeteilt und den guten Rat, keine Dinge im Auto zu lassen. Die Verzweifelten würden einfach die Heckscheibe einschlagen und sich alles rausangeln. Gut, dass wir kein Auto haben. Dann diskutieren noch vier Menschen mit uns die Buswahl zur Golden Gate Bridge und dem Golden Gate Park, obwohl wir sagen, zum Park möchten wir laufen. Nein, das sei zu weit, wir sollten lieber ein Uber nehmen oder in die 49 einsteigen. Die Amis und ihre Distanzen! 😉

Schnell bringen wir den Nachtisch ins Hotel, dann spazieren wir durch das (Alt-)Hippiviertel Haight Ashbury zum Golden Gate Park, der außergewöhnlich schön ist. Wir stolpern kurz in ein Museum, in dem eine Sonderausstellung über Blumenbouquets zu sehen ist, werden aber leider aufgefordert, ein Ticket zu kaufen, was wir nicht wollen. Dann suchen wir uns einen Bus zur Brücke heraus, müssen nicht zahlen, weil der Automat im Bus kaputt ist und bestaunen dann die Golden Gate Bridge von 1937. Beim Bau sind wenig Leute gestorben, weil der Brückenplaner Sicherheitsnetze anbringen ließ. Wir laufen ein Stück auf der Brücke entlang und merken, dass es uns nun allmählich reicht. Die Uhr zeigt fast 18 Uhr an, so dass wir uns einen Bus zurück suchen. Dieser fährt anders als gedacht, aber unseren Stadtteil finden wir trotzdem wieder. Schnell laufen wir zum Supermarkt, um Essen für den nächsten Tag zu haben, dann genießen wir noch ein bisschen die Gemütlichkeit des Hotelzimmers.